Kino & Lyrik

Das Kino hat schon kurz nach seiner Entstehung Ende des 19. Jahrhunderts die Neugier von Dichter:innen geweckt und ihre Fantasie beflügelt. So schrieb die Dichterin Else Lasker-Schüler mit Komm mit mir in das Cinema… eines der schönsten Gedichte über die Magie des Kinobesuchs.

Die Filmreihe des Filmkollektiv Frankfurt e.V. untersucht die Wechselwirkung von Kino und Lyrik im 21. Jahrhundert. Kuratorin des Programms ist die Lyrikerin, Autorin und Journalistin Ronya Othmann (*1993). Othmann debütierte 2021 mit dem Gedichtband die verbrechen (Hanser Verlag). Sie hat weitere bedeutende Lyriker:innen ihrer Generation eingeladen, Filme auszuwählen, die ihre Lyrik beeinflusst haben.

Neben Othmann stellen Yevgeniy Breyger, Juliane Liebert, Alexandru Bulucz und Volha Hapeyeva jeweils einen Film vor und lesen vorher oder im Anschluss ihre Lyrik und sprechen über ihr Interesse am Kino. Ferner zeigt Katia Sophia Ditzler ihre VR-Filme, die ihre eigene Poesie visualisieren. Der Lyriker Jan Volker Röhnert, Co-Herausgeber der Anthologie Die endlose Ausdehnung von Zelluloid. 100 Jahre Film und Kino im Gedicht (2007, Voland & Quist), hält vor LEAVING LAS VEGAS einen Kurzvortrag über den Einfluss des Kinos auf die deutsche Lyrik.

Weitere Vorstellungen finden im Mal Seh‘n Kino statt. Begleitend zum Filmprogramm erscheint eine vom Filmkollektiv Frankfurt herausgegebene Publikation.

Weitere Informationen zum Gesamtprogramm finden sich hier.

In Kooperation mit:

Logo Filmkollektiv Frankfurt (neu)

Donnerstag  13.06.2024

17:30 Uhr

MA’A AL-FIDDA

Silvered Water, Syria Self-Portrait
Frankreich/Syrien 2014. R: Ossama Mohammed, Wiam Simav Bedirxan. 92 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Lesung und Gespräch: Ronya Othmann, Moderation: Gary Vanisian (Filmkollektiv Frankfurt)
Filmreihe: Kino & Lyrik

Ossama Mohammed, ein syrischer Filmemacher, der seit 2011 im Pariser Exil lebt, destilliert aus Bildern der Mörder und der Opfer im syrischen Bürgerkrieg eine Poetik der Grausamkeit. Durch eine Fügung kommt es zur Zusammenarbeit mit einer kurdischen Lehrerin aus dem zerbombten Homs, die ihn fragte: „Wenn Ihre Kamera hier wäre, was würden Sie filmen?“ Der Film wurde bei den Filmfestspielen in Cannes in einer Sondervorführung gezeigt und von der FAZ als der „wichtigste Film in Cannes 2014“ bezeichnet. Er ist nun seit 2015 erstmals wieder in Frankfurt zu sehen.

Freitag  14.06.2024

17:00 Uhr

NÎWE MANG

Half Moon
Iran/Österreich/Frankreich/Irak 2006. R: Bahman Ghobadi. D: Ismail Ghaffari, Allah-Morad Rashtian, Farzin Sabooni. 114 Min. 35mm. OmU
Original version with German subtitles
Lesung und Gespräch: Ronya Othmann, Moderation: Gary Vanisian (Filmkollektiv Frankfurt)
Filmreihe: Kino & Lyrik

Ein alter, berühmter kurdischer Sänger aus dem Iran will mit seinen Söhnen in einem alten Bus nach Erbil im irakischen Kurdistan reisen, um dort ein Festkonzert zu geben, das ein „Schrei nach Freiheit“ sein soll. Dafür benötigt er jedoch dringend die Stimme einer Frau. Bahman Ghobadi, einer der wichtigsten kurdischen Regisseure, bewegt sich in seinem Werk geschickt zwischen tief empfundener Tragödie und warmem, derbem Humor. Die Filmmusik stammt von Hossein Alizadeh, einem der bekanntesten Künstler und Komponisten im Iran. Der Film wurde kurz nach seiner Erstaufführung im Iran verboten.

20:15 Uhr

MARIUPOLIS 2

Litauen/Frankreich/Deutschland 2022. R : Mantas Kvedaravicius. 112 Min. DCP. OmeU
Original version with English subtitles
Lesung und Gespräch: Yevgeniy Breyger, Moderation: Ronya Othmann
Filmreihe: Kino & Lyrik

Nach Beginn des russischen Angriffskrieges 2022 kehrte der litauische Filmemacher Mantas Kvedaravicius nach Mariupol zurück, um bei den Menschen zu sein, die er 2015 bei den Dreharbeiten zu MARIUPOLIS gefilmt hatte. Mit immenser Kraft und Sensibilität zeigt MARIUPOLIS 2 das Leben inmitten der Bombardierung, in Bildern, die Tragödie und Hoffnung gleichermaßen vermitteln. Nach Kvedaravicius‘ Ermordung durch russische Soldaten am 2. April 2022 wurde der Film von seinen Mitarbeiter:innen, darunter seiner Lebensgefährtin Hanna Bilobrova, fertiggestellt. Obwohl er einen offiziellen Kinostart in Deutschland hatte, war er noch nicht in Frankfurt zu sehen.

Samstag  15.06.2024

20:00 Uhr

LEAVING LAS VEGAS

USA 1995. R: Mike Figgis. D: Nicolas Cage, Elisabeth Shue, Julian Sands. 107 Min. 35mm. engl. OF
Original English version
Lesung und Gespräch: Alexandru Bulucz, Moderation: Ronya Othmann
Vorab Kurzvortrag „120 Jahre Film und Kino im Gedicht“: Jan Volker Röhnert (ca. 20 Min)
Filmreihe: Kino & Lyrik

Mike Figgis‘ vierfach Oscar®-nominierter, auf Super16-Material gedrehter Film erzählt die letzten Wochen im Leben eines alkoholkranken Drehbuchautors, der sich in Las Vegas zu Tode trinken will. „Eine unbeschönigte Bestandsaufnahme menschlicher Leidens- und Liebesfähigkeit, in der sich Dokumentation und Poesie zu einer ebenso deprimierenden wie beunruhigenden Beschreibung existenzieller Grenzsituationen treffen.“ (Filmdienst) Nicolas Cage erhielt 1996 einen Oscar® für die beste männliche Hauptrolle.