Filmblog // Zwischen den Welten: Narges Kalhors SHAHID im Kino

Von Emilia Sofie Bothe (Redaktionspraktikantin)

Heute feiert das Werk SHAHID von Regisseurin Narges Kalhor seinen Kinostart. Der Film setzt sich intensiv mit den persönlichen Erfahrungen und der Vergangenheit der Regisseurin auseinander. Ursprünglich aus dem Iran stammend, lebt Kalhor seit zehn Jahren in Deutschland und befindet sich inmitten einer tiefgründigen Auseinandersetzung mit ihrer Identität und ihrem Erbe. Ihren Familiennamen “Shahid”, der auf Deutsch “Märtyrer” bedeutet, erhielt sie von ihrem vor 100 Jahren verstorbenen Urgroßvater, der damals (aus seiner Sicht) für Freiheit kämpfte. Der Name und die damit verbundenen Konnotationen führen für Kalhor zu einem persönlichen und gesellschaftlichen Kampf, den sie auf die Leinwand bringt.

Der Film schildert ihren herausfordernden Weg, den Namen zu ändern, der nicht nur von den deutschen Behörden, sondern auch durch das Vermächtnis ihres Großvaters erschwert wird. SHAHID ist ein hybrides Werk, das Elemente des Dokumentar- und Spielfilms vereint und durch seine performativen und selbstreferenziellen Elemente besticht. Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen und auch die Zeitebenen vermischen sich: Die Protagonistin Kalhor, gespielt von Baharak Abdolifard, trifft auf ihren Urgroßvater als jungen Mann.

Ein faszinierendes Merkmal des Films ist das wiederholte Durchbrechen der vierten Wand, sowohl durch die Regisseurin selbst als auch durch die Schauspieler:innen. So ruft die Regisseurin – nun Narges Kalhor selbst –, “Cut!” und Filmset und das Team hinter der Kamera werden sichtbar.

Der in drei Akte unterteilte Film beleuchtet Generationenkonflikte und gesellschaftliche Herausforderungen, denen Kalhor als Deutsch-Iranerin gegenübersteht. Mit einem kleinen Cast und wenigen Schauplätzen schafft Kalhor eine gesellschaftskritische Satire, die durch ihre besondere Perspektive eine bemerkenswerte Balance zwischen Schwere und Leichtigkeit hält.

Die Weltpremiere von SHAHID fand auf der diesjährigen Berlinale statt, wo der Film, die Regisseurin und der Produzent Michael Kalb gefeiert wurden. Das mehrfach ausgezeichnete Werk setzt sich tiefgründig mit Identität, Migration und den Herausforderungen, die das Leben zwischen zwei Kulturen mit sich bringt, auseinander und ist zugleich ein spannendes formales Experiment.

Titelbild: Filmstill aus SHAHID © Schmidbauer-Film GmbH & Co. KG